Auf der Sonnenseite

Marokko steht kurz davor, den Bau eines der größten Sonnenwärmekraftwerke der Welt abzuschließen: Der NOOR-Solarkomplex in der marokkanischen Wüste wird bis zum Ende dieses Jahres 1,3 Millionen Marokkaner mit Solarstrom versorgen können. Das nordafrikanische Land setzt damit ein Zeichen, wie sonnenreiche Länder die Energiewende einläuten können.

Ouarzazate, eine Stadt im Südosten Marokkos, die bisher eher als Kulisse für Filme und Serien wie „Gladiator“ oder „Game of Thrones“ Berühmtheit erlangt hatte, ist in den letzten Jahren Schauplatz für eine nachhaltige Energieversorgung geworden. Die gleichnamige Provinz, in der Ouarzazate liegt, hat mit einer jährlichen Sonneneinstrahlung von mehr als 2.500 kWh pro Quadratmeter einen der höchsten Werte weltweit und ist damit die ideale Standortwahl für einen Solarkraftwerksbau der Superlative.

Die einzelnen Spiegel des Solarturm-Kraftwerkes NOOR III haben fast die Größe eines Tennisplatzes. / © SENER

König Mohammed VI persönlich eröffnete im Februar 2016 die erste Anlage des Solarparks. Mit NOOR 1, arabisch für „Licht", ging das erste von vier Kraftwerken ans Netz. Mittlerweile erzeugt auch NOOR II Strom und die letzten beiden Anlagen befinden sich in der finalen Bauphase. Sie sollten bis zum Ende dieses Jahres fertiggestellt sein. Der NOOR-Solarkomplex umfasst 30 Quadratkilometer. Das entspricht der Größe von 4.200 Fußballfeldern.

Auch Deutschland ist finanziell maßgeblich an dem Großprojekt beteiligt. Die Gesamtkosten für NOOR liegen bei etwa 2.2 Milliarden Euro. Der deutsche Beitrag, der durch die KfW-Bank sowie durch Entwicklungs- und Umweltministerium gestemmt wird, umfasst circa 829 Millionen EUR. Das Projekt wird unter anderem von der marokkanischen Agentur für Solarenergie MASEN und SENER, einer spanischen Ingenieurgruppe umgesetzt.

Der riesige NOOR-Solarkomplex entsteht auf einer Fläche von 30 Quadratkilometern. / © SENER

Wie wird aus Sonne Strom?

Im NOOR-Solarkomplex kommen verschiedene Solartechnologien zur Anwendung. Zwei Parabolrinnenkraftwerke, ein Solarturmkraftwerk und ein Photovoltaikkraftwerk sind Bestandteile der Anlage. Insgesamt haben sie eine Gesamtleistung von 580 Megawatt. Kein anderes Land der Welt hat einen ähnlich großen Solarkomplex mit verschiedenen Technologien an einem Standort realisiert.

Die Hohlspiegel der Anlage Noor II richten sich nach der Sonne aus. / Courtesy of SENER

Bei NOOR I (160 MW) und NOOR II (200 MW) bündeln Parabolspiegel die Sonnenstrahlen und leiten sie auf Rohre. Diese enthalten eine Flüssigkeit, die in einem Wasserdampf-Kreislauf erhitzt wird. Der Wasserdampf treibt dann eine gewöhnliche Turbine an. Bei NOOR III handelt es sich um einen 150-MW Solarturm-Kraftwerk. Die Sonnenstrahlen werden durch tausende Einzelspiegel gebündelt und auf die Spitze eines über 240 Meter hohen Turms reflektiert. Die gewonnene Energie wird über einen Dampfkreislauf weitergegeben.

Highlight der drei Anlagen sind Flüssigsalzspeicher, die eine Stromproduktion auch nach Sonnenuntergang möglich machen. NOOR IV hingegen wird ein Photovoltaikkraftwerk mit circa. 70 MW Kapazität.

Der in Ouarzazate erzeugte Strom soll zunächst einmal den eigenen Bedarf Marokkos decken. Nichtsdestotrotz beflügelt das Großprojekt den Traum, eines Tages klimafreundlichen Solarstrom für die Energieversorgung Europas zu exportieren. Wer weiß, vielleicht scheint die afrikanische Sonne bald auch in unseren heimischen Wohnzimmern?

Um eine innovative Idee, wie sich aus Sonne Strom gewinnen lässt, geht es auch in unserem Artikel über die Biblioteca Pública Pompeu Fabra in Spanien.

Autorin: Saskia Lössl