Sonnenglas Bright Minds:

Shia Su

In unserer Serie „Bright Minds“ geht es um Menschen, die einen außergewöhnlichen Lebensstil pflegen und damit die Welt zu einem besseren Ort machen. Shia Su ist für uns genau so ein Mensch. Sie lebt seit vielen Jahren „Zero Waste“, also ohne Müll zu verursachen.

Shia Su ist einigen vielleicht unter dem Namen „Wasteland Rebel“ besser bekannt. Auf dem gleichnamigen Blog schreibt sie über ihr Leben ohne Müll. Sie gibt zahlreiche Tipps, wie man verpackte Produkte einfach ersetzen und sogar selbst machen kann. Wie viel Müll sie dabei zusammen mit ihrem Mann pro Jahr verursacht, kann man in diesem Beitrag nachlesen. Shia ist außerdem Autorin des Buchs „Zero Waste: Weniger Müll ist das neue Grün“. Wir sind beeindruckt und haben Shia deshalb um ein Interview gebeten.

Mehl, Reis, Nüsse kauft Shia lose ein und füllt sie in Behälter ab | © wastelandrebel.com

Liebe Shia, du lebst seit vielen Jahren einen Zero Waste Lifestyle - also ein Leben ohne Müll. Wie bist du dazu gekommen?

Ehrlich gesagt war das eher ein Versehen! Mein Mann Hanno und ich wollten eigentlich nie “Zero Waste” leben! Wir hatten damals Zero Waste für uns sogar als unrealistisch abgetan, schließlich gab und gibt es leider auch immer noch bei uns keinen Unverpackt-Laden. Trotzdem wollten wir unseren Müll gerne ein bisschen konsequenter innerhalb unserer Möglichkeiten vermeiden. Und wir staunten, wie viel auch ohne einen Unverpackt-Laden möglich war und dass sich allein durch das Gespräch mit Läden viele neue Möglichkeiten auftaten. Ein Bio-Laden bei uns fand die Idee des unverpackten Einkaufens dann so toll, dass sie sogar eine kleine Unverpackt-Ecke mit Müsli-Zutaten aufstellten. Ein anderer Bioladen riss einfach einen 50kg Papier-Sack mit Bio-Reis auf und beschloss spontan, ab dem Zeitpunkt Reis auch unverpackt anzubieten. Beim Bäcker mit Backstube fragten wir nach, ob sie uns Mehl, Hefe und Nüsse unverpackt aus ihren Großgebinden verkaufen würden. Im ersten Moment war das ungewohnt, aber so Müll zu reduzieren fanden alle gut. Nach vielleicht einem Jahr staunten wir selber nicht schlecht, dass wir fast keinen Müll mehr hatten.

Glasklare Sache: Bei Shia gibt’s nur wiederverwendbare Verpackungen | © wastelandrebel.com

Bei welchen Produkten fällt es dir besonders schwer, eine verpackungsfreie Alternative zu bekommen?

Medikamente. Denn Gesundheit geht vor. Das heißt jetzt nicht, dass ich denke, dass es da nicht noch viel Verbesserungspotential gibt. Nur leider habe ich da als Verbraucherin keine direkte Kontrolle darüber. In Deutschland werden alle Tabletten ausschließlich einzeln eingeschweißt in Blistern angeboten. In anderen Ländern gibt es Großpackungen und die Apotheken füllen einem die verschriebene Menge in ein Döschen ab. Hier in Deutschland gibt es Großpackungen nicht mal für Krankenhäuser!

Natürlich sehe ich zu, dass es bei mir meistens gar nicht so weit kommt. Prävention ist schon nicht verkehrt. Bei einer Erkältung gönne ich mir viel Ruhe und setze Hausmitteln ein statt mich mit einer Keule aus der Apotheke zu puschen. Aber manchmal fällt halt doch was an. Mein Asthma-Spray zum Beispiel.

Schraubgläser eignen sich wunderbar, um Lebensmittel aufzubewahren | © wastelandrebel.com

Dein Lebensstil ist inzwischen zu deinem beruflichen Leben geworden, richtig? Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Ja und nein würde ich sagen. Ich glaube, das muss man ein bisschen trennen. Viele Leute sagen mir immer: “Ich kann nicht so leben wie du, ich arbeite schließlich Vollzeit” und das finde ich schade. Hanno und ich arbeiten beide ebenfalls Vollzeit und in der Regel sechs, sehr häufig sieben Tage die Woche. Weder er noch ich verbringen unsere Tage damit, den ganzen Tag Müll zu vermeiden. Wie bei eigentlich allen läuft so was über Gewohnheiten und Routinen. Und die meisten dieser Sachen laufen nebenbei auf Autopilot. Nur dass wir keinen Müll machen, wenn wir auf Autopilot sind.

Der große Unterschied ist, dass mein Job es ist, über solche Sachen zu berichten, was man natürlich nicht machen muss, wenn man einfach nur diesen Lebensstil privat leben möchte. Das sieht aber im Arbeitsalltag ganz unspektakulär aus. Ich sitze den überwiegenden Teil des Tages vor meinem Laptop und schreibe Artikel oder Skripte, beantworte die nie enden wollende E-Mails, Kommentare, Privatnachrichten. Ich kümmere mich darum, unsere Vorträge zu organisieren, buche Fahrkarten, Unterkünfte, telefoniere mit Veranstaltern oder Kooperationspartnern oder sitze über der Buchhaltung. Dazwischen mache ich mal ein Fotoshoot und halte Vorträge. Es ist eher so, dass manchmal Haushaltssachen leider machmal im Gegenteil eher länger dauern, weil ich sie mit der Kamera dokumentiere, um darüber später einen Artikel zu schreiben.

Was ist deine Vision?

Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich eine Vision habe. Ich möchte nur für mich so wenig wie möglich auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt leben und hoffe natürlich, dass dadurch, dass ich das recht sichtbar alles mache, mehr Menschen rücksichtsvoller durch die Welt gehen.

Statt zum verpackten Schokoriegel greift Shia lieber zur losen Bruchschokolade | © wastelandrebel.com

Wie gehen deine Freunde und deine Verwandten mit deinem Lebensstil um?

Am Anfang hat keiner, uns inklusive, die Auswirkungen überhaupt erahnt. Und wer ist schon ernsthaft für mehr Müll? Nach einer Weile war es so, dass einige Familienmitglieder und Freunde es zwar gut fanden, aber sehr klar gemacht hatten, dass wir das nicht von ihnen erwarten sollten, was sowieso ja nicht der Fall war. Inzwischen, nach mehreren Jahren, färbte vieles ab, von den Familienmitgliedern, die sich Brot nur noch im Stoffbeutel vom Bäcker holen oder mit Tupperdosen bewaffnet ins Restaurant gehen bis zur Freundin, die eine Challenge daraus macht, ihre nächsten Grillparty so müllfrei wie möglich zu gestalten. Selbst mein Frisör hat mir stolz erzählt, dass er Joghurt und Milch nur noch im Pfandglas kauft!

Auch viele Snacks und Süßigkeiten gibt es ohne Verpackung zu kaufen | © wastelandrebel.com

Welche sind deine Top 5 Tipps mit denen man sich den Einstieg in ein müllfreies Leben erleichtert?

(1) Jutebeutel einstecken. Wer das häufig vergisst kann ihn unter den Schlüssel legen oder sich einen Beutel holen, den man an den Schlüsselbund klippsen kann.

(2) Zum unverpackten Obst & Gemüse greifen, ruhig lose aufs Band legen oder Wäschenetze zweckentfremden.

(3) Glas und Papierverpackungen Einweg-Plastik vorziehen.

(4) Mehrweg statt Einweg: Spüllappen statt Spülschwamm, Lappen statt Küchenrolle, waschbare Stoff-Pads statt Einweg-Wattepads.

(5) Sich mal fragen: Brauche ich das wirklich? Erst einmal kann man das zurücklegen und wenn man es nach sieben Tagen immer noch möchte, kann man es ja immer noch kaufen. Tatsächlich vergisst man das meiste bereits nach wenigen Stunden.

Weitere Tipps für den Einstieg in ein müllfreieres Leben geben wir übrigens auch in unserem Blogbeitrag Kommt nicht in die Tonne - Leben ohne Müll.

Die Fragen stellte Julia Hupel.