Sonnenglas Bright Minds:

Samuel & Carsten Waldeck

Samuel und Carsten Waldeck haben vor vier Jahren das familiär geführte Unternehmen „SHIFTPHONES“, das die digitale Welt um faire Smartphones erweitert. Die beiden leben mit ihren Familien in dem kleinen Städtchen Wabern in Hessen, wo auch der Unternehmenssitz der Shift GmbH ist

Das fair hergestellte Shiftphone / © Shiftphones

Wer steckt hinter Shiftphones?

Hinter SHIFTPHONES stehen unser Vater Rolf und wir beide und Samuel und Carsten Waldeck. Zusammen leiten wird das Unternehmen. Mittlerweile haben wir 21 Mitarbeiter in Deutschland und 12 weitere in China. Wir haben sehr viele Unterstützer, die ehrenamtlich für uns einstehen und uns unterstützen. Und nicht zuletzt haben wir die tollsten Kunden, die man sich wünschen kann.

Ein Smartphone aus Nordhessen - wie kamt ihr auf die Idee?

Vor vier Jahren wären wir nicht im Traum auf die Idee gekommen ein Unternehmen zu starten, das sich primär mit der Entwicklung von Smartphones auseinandersetzt. Carsten war mit der Durchführung des erfolgreichsten europäischen Crowdfunding-Projekts - dem iCrane – beschäftigt und nach dessen Fertigstellung entwickelten wir die Idee eines Referenzmonitors für unseren Kamerakran. Ganz viele Zufälle, glückliche Umstände, Wegweisungen – wie auch immer man das nennen mag – haben dazu geführt, dass aus diesem Referenzmonitor ein Smartphone geworden ist.

Durch den iCrane hatten wir bereits eine starke Crowd hinter uns, die uns motivierte, statt des bisher veröffentlichten 7-Zoll-Phablets (das sind große, internetfähige Mobiltelefone, sozusagen eine Mischung aus Smartphone und Tablet), auch kleinere Smartphones in den Größen 4, 5 und inzwischen auch 6 Zoll zu realisieren. In die Smartphone-Entwicklung sind wir also mehr oder weniger beabsichtigt hineingestolpert, verfolgen das Ziel nun aber mit großer Leidenschaft.

Samuel Waldeck (links) hat Shiftphones zusammen mit einem Bruder Carsten gegründet / © Shiftphones

Was macht ihr anders im Vergleich zu den großen Smartphone Herstellern?

Während der Planungsphase zum SHIFT7 (dem oben angesprochenem Phablet) ist uns bewusst geworden, welcher Schaden aus der Produktion von elektronischen Teilen für uns Menschen und unsere Umwelt resultiert. Das passte nicht mehr zu den Grundmotiven unseres Unternehmens: Freiheit, Gemeinschaft und Wertschätzung. Also entwarfen wir Konzepte, die unseren Ansprüchen in Sachen Nachhaltigkeit gerecht wurden. Reparierbarkeit, modulares Design, fair gehandelte Rohstoffe, Verzicht auf Coltan, möglichst wenig Gold, usw.

Das Shiftphone kann kinderleicht repariert werden / © Shiftphones

Wir suchten außerdem nach Partnern, die in enger Zusammenarbeit mit uns eine sozialgerechte Herstellung unserer Geräte gewährleisten konnten. In der Zusammenarbeit mit der NGO Taos in China, mit der wir die Partner geschult und auditiert haben, sind wir immer wieder an Punkte gestoßen, wo wir uns gewünscht haben, schneller bessere Bedingungen erreichen zu können. Zwar waren die Bedingungen besser als die jeder anderen Smartphoneproduktion, die wir uns angesehen haben, unser Anspruch war jedoch deutsche Verhältnisse zu erreichen. Deshalb haben wir Anfang 2018 unsere eigene kleine Technologie-Manufaktur in China gegründet.

In China wird das Shiftphone von Hand gefertigt / © Shiftphones

Hier findet die Endmontage unserer SHIFTPHONES statt, die über 80% der menschlichen Arbeit an unserem Smartphone ausmacht. Unsere chinesischen Mitarbeiter arbeiten unter ähnlichen Arbeitsbedingungen wie wir hier in Deutschland.

Außerdem außergewöhnlich ist das überdurchschnittlich hohe Gehalt, das wir ihnen zahlen, die Art und Weise, in der wir sie absichern und das familiäre, freundschaftliche und gesunde Umfeld, in dem sie arbeiten. Wichtig ist uns auch der stetige Austausch mit Menschenrechtsorganisationen, die zum Beispiel den Aufbau unserer eigenen Manufaktur stark geprägt und mit beeinflusst haben.

Das deutsche TV-Magazin Galileo hat über das Shiftphone berichtet.

Was ist eure Unternehmensphilosophie?

SHIFT bedeutet Veränderung und das merkt man in der kompletten Firmenstruktur. Während sich viele andere Hersteller darum bemühen, immer sattere Gewinne einzustreichen, werden bei uns 100% der Gewinne genutzt, um nachhaltige und soziale Projekte zu unterstützen. Wir verzichten auf hohe Spitzengehälter, sondern versuchen den Erfolg des Unternehmens für jeden unserer Mitarbeiter spürbar zu machen, egal ob in China, in Deutschland, in der Schweiz oder in Nigeria und Neuseeland, wo wir in den letzten Wochen weitere SHIFT Niederlassungen aufbauen konnten.

Alle unsere Aktivitäten sammeln wir in unserem Report, den man hier nachlesen kann.

Carsten Waldeck mit dem Shiftphones Team in China / © Shiftphones

Auf welche Dinge sollte man aus nachhaltiger Sicht beim Smartphonekauf unbedingt achten?

Am besten ist, man kauft kein Smartphone oder nutzt das alte Gerät so lange wie möglich. Das ist natürlich schwierig, in der heutigen Zeit. Ein Smartphone ist ein täglicher Begleiter über den kommuniziert wird und der das Leben in vielerlei Hinsicht erleichtert. Viele von uns sind auch beruflich auf ein Smartphone angewiesen. Manchmal muss es ein neues Gerät sein. Und manchmal begeistert neue Technologie auch. Durch Weiterentwicklungen gibt es neue Möglichkeiten und neue Features, die die Nutzung erheblich vereinfachen.

Wie geht Ihr mit dem Thema Rohstoffe um? Gerade in Smartphones sind ja viele seltene Edelmetalle verbaut…

Ja, die Herkunft der Materialien und transparente Lieferketten sind ein sehr wichtiges Thema. Aber sie sind längst noch nicht die Lösung des Problems. Für ein Smartphone eine transparente Lieferkette zu erreichen ist unmöglich. Man darf sich nicht vorstellen, dass unsere Zulieferer nur einen Lieferanten für ein bestimmtes Material haben. Es sind mehrere, oft Dutzende. Der Markt ist ständig in Bewegung. Wir bekommen das bei der Nachbestellung der Teile oft genug zu spüren. Wir sind bemüht langfristige Partnerschaften zu Zulieferern aufzubauen, aber besonders im asiatischen Markt, aus dem ein Großteil der Komponenten stammen, ist das schlicht noch nicht möglich.

Deshalb haben wir uns überlegt, wie wir trotzdem faire Materialien in unsere Lieferkette bekommen. Unsere Lösung ist das Pferd von hinten aufzuzäumen. Im Januar 2019 werden die einzelnen Komponenten unseres SHIFT6m in Kooperation mit einem Institut an der Uni Göttingen pulverisiert und einer Spektralanalyse unterzogen durch die wir sehr genau feststellen können welche Materialien zu welchen Anteilen im SHIFTPHONE verbaut sind. Mit dieser Liste suchen wir uns Minen und Gesellschaften über die wir die Materialien fair einkaufen können. Auf den Einsatz von Coltan konnten wir bisher verzichten, weil wir eine alternative Keramik für die Mikrokapazitoren auf der Hauptplatine verwenden.

Shiftphone arbeitet schon an neuen fairen Produkten / © Shiftphones

Für Gold und Zinn haben wir bereits Partner. Carsten war im April 2017 zusammen mit dem Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe im Kongo und war bei der Zertifizierung einiger Minen vor Ort. Diese Materialien bringen wir zu den Zulieferern von denen wir wissen, dass sie die entsprechenden Materialen verwenden. Ähnlich wie im Strommarkt geben wir in den Mengen wie wir sie verbrauchen, fair gehandelte Materialien in die Lieferkette. Dann befindet sich das faire Material evtl. nicht direkt in unseren SHIFTPHONES, aber irgendwo in der Lieferkette und somit wird der Handel fairer Materialien unterstützt.

Was macht ein SHIFTPHONE besonders nachhaltig?

Uns ist wichtig, dass alte und ausgediente SHIFTPHONES nicht auf dem Elektromüll landen, sondern immer wieder den Weg zu uns zurück finden. Deshalb haben wir als einziger Hersteller einen Gerätepfand. Zu jeder Zeit darf uns ein Kunde sein SHIFTPHONE zurück senden und erhält entweder die Option, auf ein neueres Gerät zu upgraden oder wir kaufen das Gerät von ihm zurück. Wir können alte Geräte aufarbeiten und in den Wiederverkauf bringen oder einzelne Teile als Ersatzteile nutzen.

Sollte ein SHIFTPHONE irgendwann, wir hoffen, dass es möglichst viele Jahre sind, den Geist aufgeben, erhält ein SHIFT-Kunde 22€ Gerätepfand zurück. Wir kümmern uns dann um ein effektives Recycling des SHIFTPHONES, in dem wir jedes einzelne Teil prüfen und wenn es nicht mehr brauchbar ist, einem sortenreinen Recycling zuführen.

Was ist eure Vision für die Mobilfunkwelt?

Unsere Vision geht weit über die Mobilfunkwelt hinaus. Eines unserer Zukunftsprojekte ist das SHIFTmu. Ein modularer universal Computer, bei dem das Herzstück ein SHIFTPHONE ist. Es kann mit einzelnen Komponenten zu einem Tablet, einem Notebook und einem Desktop PC erweitert werden. Dadurch können wir mehr als 80% Ressourcen sparen, denn es wird nur noch ein Gerät für die unterschiedlichen Nutzungsszenarien benötigt. Das SHIFTmu ist aber erst die Spitze des Eisberges. Von SHIFT darf man noch viele spannende Produkte erwarten, über die wir aktuell noch nicht sprechen dürfen.

Bei aller Liebe zur Technik, steht der Mensch bei Shiftphone im Mittelpunkt / © Shiftphones

Unser Wunsch ist es, mit SHIFT ein Zeichen zu setzten, dass es im Leben mehr gibt, als den Konsum von Produkten, besonders im Elektronik Bereich. Das ist einer der Gründe, weshalb jedes unserer Phones mit einem Warnhinweis versehen ist: „there is no greater gift for you today, than the next 24 hours. use them wisely. people are more important than machines“. SHIFT happens!

Die Fragen stellte Julia Hupel.